Hol dir deinen Coach

Supplements vor dem Training: Notwendig oder überflüssig?

Kian_coffee_1.jpg

Hast du schon mal daran gedacht, bestimmte Nahrungsergänzungsmittel auszuprobieren, um deine Trainingsfortschritte und deine Leistungsfähigkeit zu steigern, warst dir aber unsicher, welche Supplements sich eignen, wie sie wirken und wie du sie dosieren sollst?

In diesem Interview beantwortet Dr. Kianoush Missaghi, Senior Training Experience Manager bei Freeletics, einige der häufigsten Fragen zu Pre-Workout-Supplements wie Kreatin, Beta-Alanin und Koffein.

Gib es Pre-Workout-Supplements, die sich lohnen? Wenn ja, welche empfiehlst du?

Koffein ist meiner Ansicht nach für jeden, der nicht gerade Amateur- oder Profi-Wettkampfsportler ist, eines der effektivsten und erschwinglichsten Pre-Workout-Supplements. Es verbessert die Leistung unseres Nervensystems, hilft uns, fokussierter zu sein und kann Müdigkeit vorübergehend entgegenwirken.

Nichts geht über regelmäßigen, erholsamen Schlaf und eine gesunde Ernährung, doch selbst wenn diese beiden Komponenten nicht stimmen, kann Koffein dir einen echten Energy Boost verleihen. Langfristig kann Koffein schlechten Schlaf und ungesunde Ernährungsgewohnheiten aber natürlich nicht wettmachen.

Amateur- oder Profi-Wettkampfsportlern, die ihre körperlichen Grenzen ausreizen wollen, um ihren Gegner in Kraft und Stärke überlegen zu sein oder die bei kurzen, intensiven Ausdauereinheiten leistungsfähiger sein wollen, würde ich Koffein, Kreatin und Beta-Alanin vor dem Training empfehlen.

Wann sollte man Koffein zu sich nehmen, um den maximalen Effekt zu erzielen?

Koffein braucht nach der Einnahme 30 - 60 Minuten, um in den Blutkreislauf zu gelangen und seine volle Wirkung zu entfalten, die 3 - 5 Stunden anhält. Darum würde ich eine Einnahme bis zu 60 Minuten vor dem Training empfehlen, um maximal davon zu profitieren. Um Nebenwirkungen zu vermeiden, solltest du täglich nicht mehr als 400 Milligramm (mg) Koffein zu dir nehmen.

400 mg Koffein entsprechen zweieinhalb Tassen Kaffee (à ~240 ml), fünf Espressi oder acht Tassen schwarzem Tee. Falls du eher abends trainierst, solltest du Koffein nach 16 Uhr, in Hinblick auf die empfohlene Tagesdosis, nur noch in Maßen zu dir nehmen, da erholsamer Schlaf entscheidend für deine Regeneration ist.

Die normale Halbwertszeit von Koffein beträgt nämlich etwa fünf Stunden, was bedeutet, dass es 6 - 10 Stunden dauern kann, bis es vollständig abgebaut ist. Außerdem ist Koffein „kumulativ”, das bedeutet: Je mehr Koffein du zu dir nimmst, desto länger verbleibt es in deinem Körper.

Wenn du später am Abend trainierst, dann kann die Zeitspanne zwischen Koffeinaufnahme und Training auch länger sein als 60 Minuten — du wirst die positiven Auswirkungen trotzdem spüren.

enter image description here

Hast du den Eindruck, dass Koffein als Pre-Workout-Supplement unterschätzt wird?

Ich denke nicht, dass Koffein ein unterschätztes Supplement ist. Viele kennen bereits die Vorteile. Und jeder, der regelmäßig Kaffee trinkt, wird die Auswirkungen auf mentaler und körperlicher Ebene selbst schon erfahren haben.

Da Koffein Teil unseres Alltags ist, ist es nur eben nicht so „sexy” wie ein hippes Supplement, das intensiv vermarktet wird.

Welche Supplements vor dem Training empfiehlst du, wenn man abnehmen möchte?

Die magische Fett-weg-Pille gibt es nicht. Abnehmen funktioniert nur, wenn wir eine negative Energiebilanz erzeugen, d. h. dass wir mit Hilfe von Sport und gesunder Ernährung mehr Energie verbrauchen als wir aufnehmen.

Stimulanzien wie Koffein tragen beim Training jedoch zur vermehrten Nutzung von Fettgewebe zur Energiegewinnung bei, besonders bei Ausdaueraktivitäten wie Fahrradfahren oder Laufen.

Wann und wie viel Koffein sollte man vor dem Training einnehmen?

Durch die Einnahme von Koffein vor dem Training erreichen wir, dass unser Körper vermehrt auf Fett zur Energieerzeugung zurückgreift, d. h. wir verbrennen bei der jeweiligen Aktivität mehr Fett. Nehmen wir insgesamt jedoch zu viele Kalorien auf, nehmen wir trotzdem zu. Was zählt, ist also die gesamte Energiebilanz.

Welche Pre-Workout-Supplements empfiehlst du für Muskelaufbau und -definition?

Wie auch beim Abnehmen muss man für den Muskelaufbau die Gesamtenergiebilanz im Blick behalten. Hier gilt es, mehr Kalorien aufzunehmen als man verbrennt.

Außerdem sollte man einen Trainingsplan verfolgen, der auf Muskelzuwachs ausgelegt ist. Ohne gezieltes Training werden die überschüssigen Kalorien als Fett eingelagert und nicht für den Aufbau von Muskelmasse verwendet.

An diese grundlegenden Prinzipien sollte man sich also zunächst halten. Supplements, die dazu führen, dass wir regelmäßig trainieren und in jeder Einheit an unsere Grenzen gehen, können uns helfen, unsere Ziele schneller zu erreichen.

Wann und wie viele Supplements sollte man vor dem Training allgemein einnehmen?

In diesem Zusammenhang sind Koffein und Kreatin eine gute Wahl, denn beide helfen dabei, im Training leistungsfähiger zu werden. Sie helfen dem Körper außerdem dabei, schnell die Energie bereitzustellen, die ein intensiver Muskelaufbauplan erfordert, d. h. wir können mehr an unsere Grenzen gehen. Ideal wäre z. B. eine Tasse Kaffee mit 2 bis 5 Gramm Kreatin, 60 Minuten vor dem Training.

Gibt es auch ein Supplement, um die Ausdauer zu steigern? Ich habe gehört, dass Beta-Alanin helfen kann.

In unserem Körper wirkt Beta-Alanin wie eine Art Säurepuffer. So wird der Effekt von Milchsäure auf die Muskulatur ausgehebelt und damit die Ermüdung bei intensiven Belastungen hinausgezögert.

Es gibt immer mehr Hinweise darauf, dass Beta-Alanin die Leistungsfähigkeit bei kurzen, intensiven Ausdauereinheiten zwischen einer und vier Minuten steigern kann, etwa bei einem langen Satz Kniebeugen, einem 400-Meter-Sprint oder einem 1500-Meter-Lauf in der Leichtathletik.

Damit Beta-Alanin funktioniert und einen Effekt hat, muss es vom Körper eingelagert werden. Es ist erwiesen, dass wir zwei bis vier Wochen 4 bis 6 Gramm Beta-Alanin täglich einnehmen müssen, damit es als Puffer agieren kann. Wer also auf ein Event trainiert, sollte seine Beta-Alanin-Aufnahme entsprechend vorausplanen. Wie sich Beta-Alanin auf unsere längerfristige Ausdauer auswirkt, muss noch erforscht werden.

Wir alle wissen, wie wichtig Protein nach dem Training ist. Spielt es auch eine Rolle als Supplement vor dem Training?

Protein spielt bei der Regeneration eine wichtige Rolle. So sehr wir nach dem Training Kohlenhydrate und Fett brauchen, um unserem Körper wieder Energie zuzuführen, brauchen wir auch Protein, um unsere Muskeln und unsere Gewebe zu reparieren, die wir während des Trainings beansprucht haben.

Anders als Koffein und andere leistungssteigernde Substanzen, die man vor dem Training einnimmt, verbessert Protein nicht direkt die Leistung. Nehmen wir Protein vor dem Training ein, dann erhöhen wir damit jedoch unsere allgemeine Proteinaufnahme und unterstützen damit das Wachstum, die Widerstandsfähigkeit und Regeneration unserer Muskulatur.

Man hört viel über BCAAS. Ist der Hype gerechtfertigt?

Die verzweigtkettigen Aminosäuren (aus dem Englischen: Branched Chain Amino Acids, BCAAs) sind Leucin, Isoleuzin und Valin und kommen natürlich in vielen Proteinquellen, wie Fleisch oder Eiern, vor. Diese Aminosäuren spielen eine wichtige Rolle bei der Regulierung der Glukoseaufnahme im Muskel sowie bei der Förderung der Muskelsynthese.

Ein niedriger BCAA-Spiegel im Blut kann zu Ermüdung führen, besonders bei Ausdauereinheiten, die länger als zwei Stunden dauern. BCAAs zu supplementieren kann besonders bei Anfängern nachweislich dabei helfen, die Ermüdung hinauszuzögern. Bei erfahrenen Athleten sind die Resultate allerdings nicht signifikant.

Für Personen, die aufgrund einer unausgewogenen Ernährung jedoch zu wenig Protein zu sich nehmen, kann eine Supplementierung mit BCAAs beim Training hilfreich sein.

Gibt es Supplements vor dem Training, die mehr für Frauen bzw. für Männer geeignet sind oder gibt es keine geschlechterspezifischen Unterschiede?

Bei Koffein, Beta-Alanin und Kreatin gibt es keine Unterschiede zwischen Frau und Mann.

Allerdings kann jede Substanz — in diesem Fall jedes Pre-Workout-Supplement — je nach Person, egal welchen Geschlechts, unterschiedliche Auswirkungen haben. Die Genetik und der Hormonspiegel sind hier die entscheidenden Faktoren.

Gibt es bei Pre-Workout-Supplements Formen, die sich besser eignen als andere? Zum Beispiel Pulver, Kapseln oder Mixgetränke?

Ich denke jeder muss die Form finden, die am besten zu seinem Lifestyle passt. Wenn du unterwegs bist und weder Hunger noch Durst hast, dann ist eine Kapsel vielleicht die beste Option (z. B. eine Koffeinkapsel).

Andererseits kann die Aufnahme eines Supplements mit zu viel Wasser auch die Absorptionszeit hinauszögern. Wenn du dein Supplement aber bis zu 60 Minuten vor dem Training einnimmst, hast du ohnehin genug Zeit, die Wirkstoffe aufzunehmen.

Wie schnell kann man mit Resultaten rechnen, wenn man, ergänzend zu einem gesunden Lifestyle, ein Pre-Workout-Supplement einnimmt?

Die wichtigste Regel beim Training — vorausgesetzt du hast einen effektiven Trainingsplan und die Ernährung stimmt — ist Beständigkeit. Pre-Workout-Supplements können dir Energie verleihen und dich fürs Training motivieren, doch wer nicht regelmäßig trainiert, wird auch nicht die gewünschten Resultate erzielen.

Können Pre-Workout-Supplements auch Nachteile haben?

Wie bereits erwähnt kann eine zu hohe Koffeinmenge, sprich mehr als die täglich empfohlene Dosis von 400 mg, negative Folgen haben. Dazu zählen Kopfschmerzen, Schwindel, Herzrasen, etc.

Nebenwirkungen von Kreatin können ein gereizter Darm, Durchfall und Übelkeit sein. Eine tägliche Einnahme von Beta-Alanin kann zu einem unangenehmen Kribbeln führen.

Die meisten dieser Nebenwirkungen treten aufgrund einer zu hohen Dosierung auf, die man eben dementsprechend anpassen muss.

Manche Supplemente können die Nieren stark belasten, wodurch diese möglicherweise langfristig geschädigt werden könnten. Das ist aber noch nicht hinreichend erforscht.

Hol dir jetzt deinen persönlichen Ernährungsplan