In der Fitnessindustrie werden immer wieder separate Trainingspläne für Männer und Frauen in Umlauf gebracht: Männer sollen Muskelberge anhäufen, Frauen ihren Körper definieren. Aber sollten Männer und Frauen überhaupt unterschiedlich trainieren? Kurzfassung: Ja und Nein – die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen.
Alle Geschlechter profitieren gleichermaßen von denselben Herangehensweisen an Exercises für Kraft, Ausdauer und Flexibilität.
Es gibt jedoch Trainingsvariablen, bei denen eine geschlechtsspezifische Herangehensweise sich eher auszahlen könnte als die Unisex-Lösung. Welche sind das? Und wie solltest du nun trainieren?
Räumen wir mal mit der Verwirrung rund um geschlechtsspezifische Workouts und der Wissenschaft dahinter auf.
Der Einfluss physiologischer Unterschiede beim Training
Nein, Frauen sind keine kleinen Männer und umgekehrt. Ja, es gibt biologische Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Diese betreffen jedoch hauptsächlich das Reproduktionssystem. Unterschiede in Bezug auf das Training fallen eigentlich nur dann wirklich ins Gewicht, wenn Männer und Frauen sich in Sportarten direkt miteinander messen, in denen das eigene Körpergewicht zum Tragen kommt.
Welche physiologischen Unterschiede gibt es also? Hier ist ein kurzer Überblick basierend auf statistischen Durchschnittswerten:
- Männer haben in der Regel mehr Muskelmasse und weniger Körperfett als Frauen
- Frauen verfügen üblicherweise über ein kleineres Lungenvolumen und eine geringere Herzleistung
- Männer sind statistisch gesehen größer und haben längere Extremitäten – daher benötigen sie im Vergleich zu Frauen mehr Energie für dieselben Übungen
- Allgemein haben Männer einen höheren Anteil an Typ-II-Muskelfasern, die viel Kraft liefern, aber schnell ermüden. Währenddessen besitzen Frauen in der Regel mehr Typ-I-Fasern, die weniger Kraft, dafür aber mehr Ausdauer ermöglichen
- Die Hormonzyklen laufen bei Männern und Frauen unterschiedlich ab
Unabhängig von all den Unterschieden bleibt die Tatsache: Sowohl Männer als auch Frauen profitieren von Bewegung und Training. Das wird sogar noch deutlicher, wenn wir an verbreitete, geschlechtsunabhängige Gesundheitsprobleme denken, wie:
- Rückgang der Muskelmasse
- Verlust von Flexibilität
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch den eher passiven Lebensstil von heute
Die Effektivität eines Trainingsplans hängt vor allem von kleinen Details ab. Genau deshalb solltest du deinen Trainingsplan vielmehr an deine Ziele anpassen, anstatt an dein Geschlecht. Denn das ist bloß ein winziger Teilaspekt. Wenn du dich bei der Auswahl eines Fitnessprogramms deswegen einschränkst, wird dich das nur bremsen.
Trainingsziele setzen
Damit haben wir die physiologischen Unterschiede abgedeckt. Wie sieht es mit Trainingszielen aus? Sollten Frauen mehr mit leichten Gewichten trainieren, um ihre Körper zu „definieren”, während Männer für den Muskelaufbau schwere Gewichte stemmen? Eindeutiges Nein.
Es gibt keine geschlechtsspezifischen Übungen und solche unnötigen Einschränkungen werden dich als Free Athlete irgendwann auf der Stelle treten lassen. Du kannst deinen Traumkörper unabhängig vom Geschlecht mit denselben Trainingsmechanismen erreichen, egal, ob du auf Kraft, Ausdauer oder Flexibilität abzielst.
Tatsächlich können Männer und Frauen sogar davon profitieren, die typischen Vorurteile einfach umzudrehen und genau das Gegenteil zu machen. Zum Beispiel:
- Frauen können schwere Gewichte in ihre Trainingsroutine einbauen und damit dem veralteten Rat trotzen, dass Frauen bei leichteren Gewichten bleiben oder sich nur auf Ausdauer konzentrieren sollten.
- Männer können den Fokus auf Flexibilität setzen und damit auch andere Teile ihres Trainings fördern (wie hartes Krafttraining, indem sie ihren Bewegungsradius erweitern).
- Herz-Kreislauf-Training ist der Alleskönner – und für alle empfehlenswert, die es noch nicht machen.
Um es auf den Punkt zu bringen: Es ist Zeit, die Vorurteile gegen Frauen und Männer loszulassen. Entscheide dich für eine Fitnessroutine, die dich an deine Ziele bringt, und stimme sie auf deine Bedürfnisse und dein aktuelles Befinden an.
Frauen können beispielsweise davon profitieren, ihren Hormonzyklus bei der Planung der Trainingsphasen zu berücksichtigen. Es gibt aber keinen Grund, grundsätzlich beim Training zwischen Männern und Frauen zu unterscheiden.
Krafttraining für Männer und Frauen
Wie oben schon erklärt, ist Krafttraining für jeden vorteilhaft und geschlechtsspezifische Übungen sind für den Trainingserfolg nicht notwendig. Worauf kommt es bei einem guten Trainingsprogramm für mehr Kraft also an? Glücklicherweise gelten diese Punkte für Männer und Frauen gleichermaßen:
- Der Trainingsplan sollte dir Spaß machen, egal, ob mit Bodyweight-Übungen, Langhanteln, Kurzhanteln oder Kettlebells
- Er sollte kontrollierte Übungen für den Ober- und Unterkörper enthalten, die den vollen Bewegungsradius einbeziehen
- Das Programm sollte schwere Gewichte beinhalten oder leichtere Gewichte nah an der Belastungsgrenze für progressive Belastungssteigerung
- Eine gesunde Dosis Beständigkeit (das liegt an dir!)
Und das war's schon! Mach es nicht zu kompliziert – alle Muskeln funktionieren auf dieselbe Weise, egal, ob du männlich oder weiblich bist. Alle Menschen können mit einem gut strukturierten Trainingsplan Muskeln aufbauen, Fett verbrennen oder ihren Trainingsstand aufrechterhalten (und natürlich in Kombination mit einer ausgewogenen Ernährung!).
Unterschiede beim Krafttraining
Trotz alledem gibt es biologisch bedingte Unterschiede, die wir nicht ignorieren sollten. Zum Beispiel sind Männer häufig besonders gut darin, aus dem Oberkörper zu heben, und sie können allgemein schwerere Gewichte stemmen. Dabei sollten sie ein Auge darauf haben, dass ihr Plan nicht zu viel Volumen oder zu häufiges Training vorsieht. Zwischen den Sets sollten Männer längere Pausen einlegen und insgesamt eher weniger Sets und Workouts pro Woche anvisieren.
Auf der anderen Seite können Frauen typischerweise mehr und häufiger trainieren, ohne davon übermäßig ausgelaugt zu werden. Im Allgemeinen ist es für Frauen meist leichter, ein breites Spektrum von Bewegungsabläufen durchzuführen, wie tiefe Squats oder Bewegungen über dem Kopf. Andererseits können sie zu Beginn Probleme mit der Kraft im Oberkörper haben, zum Beispiel bei Pullups.
Denk dran, dass diese Unterschiede nicht in Stein gemeißelt sind – sie geben nur den generellen Startpunkt von Männern und Frauen wieder. Mit genug Training, Disziplin und der Hauptzutat Beständigkeit können Männer und Frauen gleich stark und flexibel werden und somit gleich viel stemmen.
Ausdauertraining für Männer und Frauen
Krafttraining haben wir jetzt abgehakt, aber wie sieht es mit Cardio aus? Genau wie das Krafttraining ist auch das Training von Lunge und Herz für alle Menschen gleichermaßen von Vorteil. Es verbessert die Ausdauer bei Workouts und im Alltag und die Gesundheit des Herz-Kreislauf-Systems im Allgemeinen.
Warum ist das wichtig? Herz-Kreislauf-Training kann bestimmte Krankheiten im späteren Leben verhindern oder hinauszögern. Außerdem kann es deine Lebensqualität und Lebenserwartung deutlich steigern – umso mehr gute Gründe, Cardio in deine Trainingsroutine einzubauen. Das ist sogar für Männer besonders wichtig, denn sie leiden statistisch gesehen häufiger an Herz-Kreislauf-Erkrankungen als Frauen.
Unterschiede in der Ausdauer
Genau wie beim Krafttraining gibt es auch hier einige biologisch bedingte Unterschiede. Frauen können üblicherweise mehr und häufiger trainieren als Männer, während Männer eher einer höheren Intensität standhalten, also beispielsweise einem höheren Lauftempo.
Wenn es also an dein Training geht, versuche es mal genau andersherum. Männer könnten davon profitieren, länger und dafür mit geringerer Intensität zu trainieren (niedrige, aber gleichmäßige Intensität). Hingegen könnte es Frauen guttun, kürzer und dafür mit höherer Intensität zu trainieren (hochintensives Intervalltraining). Ja, das geht gegen die typischen Empfehlungen – ein bunter Mix beider Trainingstypen ist jedoch für jeden die ideale Lösung.
Noch mal in Kürze
Wenn du dir nur eine Sache aus diesem Artikel merkst, dann das: Es gibt weder für Männer noch für Frauen den einen allgemeingültigen Trainingsansatz. Und jedem tut Kraft- und Ausdauertraining gut, genau wie Stretching, Mobilitätsübungen und Regeneration – also ein ganzheitlicher Fitnessansatz.
Wenn du deine Defizite angehst, kannst du eine Menge gewinnen:
- Männer vernachlässigen häufig Flexibilitätsübungen und Ausdauertraining mit geringer Intensität.
- Frauen neigen dazu, Krafttraining und hochintensives Intervalltraining (HIIT) hinten runterfallen zu lassen.
Im Endeffekt muss es zu deinen persönlichen Zielen passen, wie häufig du trainierst und für welche Übungen und Intensität du dich entscheidest. Wähle einen Trainingsstil, der dir Spaß macht und an dem du dranbleiben kannst.
Biologische Unterschiede können dich zwar an einem anderen Ausgangspunkt starten lassen, sollten dich aber nicht von bestimmten Trainingsarten abhalten. Betrachte sie lieber als Chance zu wachsen! Mach dein Ding und lass die verstaubten Vorurteile hinter dir.